Ein wertvolles Erbe

Portrait der Biobäuerin Franziska Schmid beim Bewaessern ihrers Hangfeldes.

Der Sommer im Wallis ist heiss und trocken! Damit die Landwirte ihre Wiesen und Tiere mit genügend Wasser versorgen können, haben sie spektakuläre Wasserkanäle gebaut.

Diese transportieren das kostbare Gut von den Bergen bis in die Bergdörfer, wo es mittels traditioneller Bewässerung verteilt wird. Bio-Landwirtin Franziska Schmid beherrscht dieses Handwerk und sorgt dafür, dass dieses wertvolle Kulturerbe fortbesteht.

Suone, Wiese, Naters, Sonne

Landschaft des Jahres 2020

Die Bewässerungslandschaften der Oberwalliser Sonnenberge (Naters, Ausserberg, Eggerberg, Baltschieder) sind einmalige Kulturlandschaften, welche dank der traditionellen Bewässerung und Bewirtschaftung über Jahrhunderte entstanden sind. Nun wird dieses wertvolle Kulturerbe im Jahr 2020 von der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz ausgezeichnet.

Biobaeuerin Franziska Schmid beim Bewässern ihrers Hangfeldes.

Landwirtin in der Freizeit

Franziska Schmid ist diplomierte Nebenerwerbslandwirtin und Physiotherapeutin in Ausbildung. Nach und nach übernimmt sie den Bio-Betrieb ihres Vaters Martin. Mit viel Liebe und Herzblut halten sie in Naters die fürs Wallis typischen Schwarzhalsziegen und Schwarznasenschafe.

Spektakuläre Wasserkanäle

Um im Wallis Landwirtschaft betreiben zu können, muss das kostbare Wasser aus den schneereichen Bergen zu den niederschlagsarmen Hängen oberhalb des Rhonetals geleitet werden. Dazu haben die Walliser spektakuläre Wasserkanäle gebaut, sogenannte Suonen. Insgesamt vier Suonen liefern das Wasser für die Bewässerung der 20 Hektare Land von Franziska und Martin Schmid. Sie heissen «Oberschta», «Obere Flüöjeri», «Stockeri» und «Haslerwasser» und werden aus dem Gredetsch-, respektive Chelchbach, welche dem Gredetsch- und Unnerbächgletscher entspringen, gespeist. So fliesst das kostbare Wasser vom Gletscher bis ins Tal.

Eine Suone oberhalb des Dorfes Mund im Holzkanal entlang des markanten Felsen.

Tipp: Die Landschaften zu Fuss entdecken

Wer die Wasserkanäle und die eindrücklichen Landschaften selber entdecken möchte, wandert ihnen ganz einfach entlang. Zahlreiche Suonen-Wanderwege stehen im Wallis zur Auswahl. Zum Beispiel führt eine spektakuläre, aber anspruchsvolle Berg- und Suonenwanderung ins Baltschiedertal und zurück nach Ausserberg. 

Frühlingsputz

Richtig viel Wasser führen die beiden Suonen «Obere Flüöjeri» und «Stockeri» von Mitte Mai bis Ende September. Damit das Wasser in den 1,2 und 2,6 Kilometer langen Suonen ungehindert fliessen kann, findet im Frühling eine grosse Putzaktion statt – der sogenannte Schortag. Alle, die das Wasser nutzen, helfen mit. Bei der «Oberen Flüöjeri» sind es 10 Parteien und bei der «Stockeri» 20. Gemeinsam entfernen sie Sand, Steine und Äste, die sich über den Winter angesammelt haben, aus den Suonen und reparieren, wo notwendig.

Biobauer Familie Schmid beim Pflegen und traditionellen Bewässern ihrers Hangfeldes.

Das traditionelle Bewässern

Nach dem Frühlingsputz bis in den Herbst hinein wird Tag und Nacht bewässert. Wem um welche Uhrzeit und für wie lange das Wasser zusteht, ist seit jeher schriftlich festgehalten. «Wenn es heiss ist, benötigen wir viel Wasser und schöpfen unsere Wasserstunden voll aus. Dann kann es vorkommen, dass wir um 3 Uhr mit Wässern beginnen.» Die Anzahl Wasserstunden ist abhängig von der Grösse der jeweiligen Parzellen. Nach einer bestimmten Anzahl Tage, respektive wenn alle Wiesen an einer Suone bewässert sind, beginnt der Ablauf von Neuem. Das nennt sich Wasserkehr. Bei der «Stockeri» sind das genau 14 Tage. «Die Tage und Uhrzeiten muss ich mir gut im Kalender eintragen, damit ich keine wertvollen Wasserstunden vergesse», erklärt Franziska Schmid. Je nach Suone kostet das Wasser unterschiedlich viel. Fünf Franken pro Wasserstunde pro Jahr sind es bei der Stockeri. 

Zur richtigen Zeit also staut Franziska mit der Wässerplatte das Wasser der Suone und öffnet dann den Riegel, so dass das kostbare Wasser in fein verzweigten Gräben auf die Wiesen fliessen kann. Mit dem Wässerbeil hilft Franziska nach und steuert so den Fluss des Wassers. «Ich probiere es zu leiten, aber manchmal fliesst es einfach dorthin, wo es möchte», erzählt Franziska und fügt schmunzelnd hinzu: «Einmal habe ich zu viel Wasser eingeschlagen und so leider den Garten meines Nachbars geflutet. Mittlerweile aber klappt es mit dem Bewässern ganz gut.»

Eine wichtige und notwendige Tradition

Das Landwirten alleine ist bereits ein Knochenjob. Hinzu kommt das traditionelle Bewässern. «Es ist wirklich sehr streng, aber eben notwendig. Das Wasser muss in unsere steilen Hänge geleitet werden. Anders können wir unser Land nicht kultivieren. Es würde alles vertrocknen und das wäre sehr schade, denn ich liebe mein Zuhause», erklärt Franziska. Sie hat sich klar für das Fortführen des Handwerks der traditionellen Bewässerung entschieden, auch wenn dies körperlich und zeitlich viel intensiver ist als die bequemere, moderne Sprinklermethode. Und dass dies möglich ist, verdankt Franziska ihrem Vater. Er hat ihr das Handwerk gelehrt. Schon seit jeher wird das Wissen mündlich von Generation zu Generation weitergegeben. «Nur dank der Hilfe meines Vaters kann ich dieses wertvolle Erbe weiterführen.»

Biobauer Familie Schmid beim traditionellen Bewässern ihres Hangfeldes.

Sinn und Zweck von Suonen? Sie...

... bringen das kostbare Bewässerungswasser in die Bergdöfer ... lassen die Landschaften gedeihen und steigern die Artenvielfalt ... versorgen die Wiesen mit wertvollen Mineralien ... füllen Wasserreservoirs und dienen dem Brandschutz ... transportieren das Wasser geordnet ins Tal und schützen vor Hochwasser ... bewässern den Bergwald und stabilisieren die Hänge ... sind Zeugen der Kulturgeschichte und ein wertvolles Kulturerbe ... sind für Gäste ein attraktives Wander- und Landschaftserlebnis

Quelle: myswitzerland.com

Publiziert: Mai 2020

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