Die Kraft des Wassers

„Heute haben wir Glück. Denn wenn der Wind bläst – und dies kommt hier oft vor – kann es auf der Dammkrone durchaus luftig werden.“ Karl Sarbach schmunzelt und lässt dabei seinen Blick über den imposanten Mattmark-Staudamm zuhinterst im Saastal schweifen. Seit knapp 20 Jahren ist er Betriebsleiter der Kraftwerke Mattmark. Und er weiss: „Das Wallis ist für die Energieproduktion mit Wasserkraft prädestiniert.“

Die Geschichte vor den Füssen

Wer auf der Dammkrone des Mattmarks steht, geniesst nicht nur einen grandiosen Ausblick auf das Bergpanorama, sondern taucht auch in die Geschichte des Staudamms ein. Karl Sarbach zeigt auf steinige Zeittafeln am Boden: Historische Meilensteine mit den wichtigsten Fakten rund um das Projekt Mattmark. „Wir wollen, dass die Leute die Geschichte und Zusammenhänge des Mattmarks kennenlernen.“ Ein dunkles Kapitel schrieb der 30. August 1965. Damals wurden 88 Bauarbeiter von einer abbrechenden Eiszunge des Allalingletschers in ihren Baracken überrascht und getötet. Zu jener Zeit war aber der Bau eines Wasserkraftwerks für viele Bergtäler im Wallis auch ein Segen. Das gilt auch für das Saastal. „Die Talstrasse wurde ausgebaut, Brücken und Galerien errichtet und Arbeitsplätze geschaffen“, erklärt Karl Sarbach. „Dies war quasi ein erster Impuls, dass die Leute im Tal selber Geld verdienen konnten.“ An Spitzentagen arbeiteten auf allen Baustellen der Kraftwerke Mattmark bis zu 1300 Leute. Mit dem ersten Vollstau im Jahre 1969 wurde die Stauanlage Mattmark dem kommerziellen Kraftwerksbetrieb übergeben.

Das Wasserschloss der Schweiz

Eingebettet in die wunderschöne Landschaft liegt der Mattmark-Staudamm, der grösste Erddamm Europas, zuhinterst im Saastal. Der Stausee und der riesige Staudamm sind die am besten sichtbaren Teile der gesamten Anlagen der Kraftwerke Mattmark. Die Elektrizität wird erst weiter unten im Tal produziert. Karl Sarbach erklärt: „Die Nutzung der im Stausee gespeicherten Wassermengen erfolgt in den Kraftwerken Zermeiggern (Saas-Almagell) und Stalden.“ Die beiden Anlagen produzieren im Jahr fast so viel Strom, wie alle Haushaltungen im Wallis brauchen.  Dies zeigt: Nicht umsonst wird das Wallis häufig als das Wasserschloss der Schweiz bezeichnet. Denn neben dem Mattmark-Staudamm sorgen rund 40 weitere Staumauern – darunter mit der Grande Dixence die grösste Gewichtstaumauer der Welt - dafür, dass knapp 30 Prozent des Stroms aus Wasserkraft in der Schweiz im Wallis erzeugt werden. Karl Sarbach bringt es auf den Punkt: „Wir haben Wasser und wir haben Gefälle. Im Wallis ist alles vorhanden, was es für Wasserkraft braucht.“ 

Steine der Mattmark Staumauer
Der Mattmark: Imposant und mystisch zugleich.

Erlebnis dank Wasserkraft

Die Sonne spiegelt sich im tiefen Blau des Speichersees und die mächtigen Berggipfel rund um das Mattmark-Gebiet sind mit einer leichten Schneeschicht bedeckt. Gleich neben dem Restaurant, unterhalb des Damms, hält ein Reisebus. Einige steuern direkt die Mattmark-Ausstellung an, die meisten aber begeben sich auf den 8 Kilometer langen Weg, der rund um den See führt. Karl Sarbach beobachtet die Gruppen und sagt: „Dieser Rundweg ist ideal, auch für Nicht-Berggänger. Er ist flach, eignet sich für eine Wander- oder Velotour und ist mit dem öffentlichen Verkehr erschlossen.“ Das Potenzial der Verbindung Wasserkraft und Tourismus haben im Wallis auch andere Kraftwerke längst entdeckt. Viele Staumauern können besichtigt werden und sind Ausgangspunkt für wunderschöne Wanderungen. Auf einige Mauern führt gar direkt eine Seilbahn. Wasserkraft soll erlebbar gemacht werden. Denn im Wallis weiss man das kostbare Gut zu nutzen, vor allem aber auch zu schätzen.

Nächste Geschichte

Kämpferin und Ikone: die Eringer Kuh

Jetzt lesen