Die Forscher im Felde
Die Forschungsanstalt Agroscope in Conthey hat die Birne Fred gezüchtet, forscht an Alpenkräutern und nachhaltigen Produktionsmethoden.
Danilo Christen kontrolliert nach den Frostnächten im April die Blüten eines Birnbaumes. «Kein Problem für die Birnen, die Kälte hat aber leider den Aprikosenbäumen zugesetzt», konstatiert er. Der Agronom ist bei der landwirtschaftlichen Forschungsanstalt Agroscope in Conthey Chef der Forschungsgruppe «Obstkulturen im Alpenraum». Agroscope ist das Kompetenzzentrum des Bundes für landwirtschaftliche Forschung und hat verschiedene Standorte in der Schweiz. In Conthey ist man spezialisiert auf «Gedeckte Kulturen und Kulturen im Alpenraum». Hier wurde die Birne Fred entwickelt, die Christen vor zwei Jahren der Öffentlichkeit vorstellen konnte. In fast 20-jähriger Arbeit, initiiert von Vorgänger Charly Rapillard, wurde eine neue Sorte gezüchtet, die sich gegen Feuerbrand schützt und Früchte produziert, die sich gut lagern lassen. Nach dem Start im letzten Jahr ist geplant, sie dieses Jahr grossflächig im Schweizer Detailhandel anzubieten. Doch schon ist Danilo Christen an weiteren Projekten. «Vor allem Aprikosen stehen im Fokus», sagt er.
Das Wallis ist der Schweizer Hauptproduzent der saftigen Sommerfrucht. Nach dem Frost im April scheinen nun aber 70 Prozent erfroren zu sein. In Conthey entwickelt wurden die Sorten Elsa – geeignet für den Bioanbau und resistent gegen die Pilzkrankheit Monilia – und Mia – kann sich gut gegen Bakteriose wehren. Neue Kreuzungen sind ein Schwerpunkt, der andere ist, natürliche Feinde gegen Schädlinge einzusetzen. Dazu brauche es nicht nur das Geschick der Forscherinnen und Forscher, sondern auch die Zusammenarbeit mit den Obstbauern, so Danilo Christen. «Unser Ziel ist, viel enger mit den Landwirten zusammenzuarbeiten. So können wir ihr Wissen direkt einfliessen lassen.» In Conthey pflegt man auch sonst die Zusammenarbeit. So ist das Technologiezentrum PhytoArk ein wichtiger Partner für den Schritt von der Forschung zur Produktion und Vermarktung. Ebenfalls eng ist die Zusammenarbeit mit Mediplant, einer privaten Forschungsfirma zur Nutzung von Medizinal-und Aromapflanzen, und mit MediSeeds, die das Saatgut für den Anbau von Medizinal-und Aromapflanzen in der Schweiz produziert.
Für die Forschung mit Medizinalpflanzen ist Bastien Christ zuständig, Leiter der Forschungsgruppe «Beeren und Medizinalpflanzen». Eines der Projekte vergleicht Hopfenpflanzen, die in der Schweizer Natur gesammelt wurden, um zu analysieren, welche sich für lokale Biere eignen. Spannend auch die Forschung an der «Artemisia annua» (einjähriger Beifuss), deren Wirkstoffe gegen Malaria eingesetzt werden. «Nun laufen Studien, ob daraus auch ein Mittel gegen Covid hergestellt werden könnte», so Christ. Im Bereich der Beeren werden unter seiner Leitung neue Produktionssysteme getestet. In einem Gewächshaus stehen Himbeersträucher in einer Substratmischung, die durch die ausgeklügelte Zusammensetzung Nährstoffe und Wasser viel effizienter nutzen.
Genau wie die Tomaten, die von Cédric Camps betreut werden. Der Biologe und Agronom hat an einige Pflanzen «ein EKG angeschlossen». Das Gerät misst die elektrischen Ströme der Pflanze. Damit kann festgestellt werden, ob sie Wasser braucht. Erforscht wird auch, damit den Nährstoffbedarf zu bestimmen. «Ein Kilo Tomaten braucht draussen in normalem Erdreich über 100 Liter Wasser. Im Gewächshaus und in Substratkulturen reduzieren wir den Bedarf um ein Vielfaches», erklärt er. Die Pflanzen sind gesünder und damit resistenter gegen Krankheiten. «Mit LED-Licht ernten wir von Frühling bis November.» Geheizt werden muss das Gewächshaus fast nicht, es muss nur frostfrei bleiben. Camps’ Forschungen sind Teil des europäischen Projekts «Green Resilient», das nach bio-resilienten Gewächshauskulturen mit geringem Energieverbrauch sucht.
Text: Monique Ryser Fotos: Sedrik Nemeth Publiziert: Oktober 2021
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