Spur zum Sieg

Eigentlich müsste Benjamin Weger seinen Weggefährten in Geschinen jeden Winter einen Schneeball in den Garten werfen. Weil sie umstiegen, brachten sie ihn auf seine Spur. «Wir waren eine richtige Winterbande. Geblieben ist die Liebe zu dieser Jahreszeit», erzählt der Gommer Spitzenbiathlet, der in den Welt-Top15 läuft.

Das kam so: Die Jungs sprangen in der Abenddämmerung in Purzelbäumen von den reich mit Schneewächten überhangenen Dächern in die zugeschneiten Gärten. Was für ein Gaudi! An den Wochenenden fuhren sie Ski auf der Piste neben dem Dorf. Eines Tages stiegen die Älteren der Clique auf Langlaufskier um. Benjamin Weger schloss sich ihnen an – und fand Gefallen am Langlaufen.  

Was Wunder! Die Loipe Goms zählt 90 Kilometer Pistenvarianten, die einem alles abverlangen können, die aber auch gemächliche Langlaufstrecken bergen und die Benjamin Weger auf Anhieb optimal lagen. Mit wenig Training erzielte er damals Topresultate. Der Skiclub – und später auch Swiss Ski – nahmen ihn unter die Fittiche.

Lauschige Tour im Pischienwald

Das sonnige Hochtal Goms mit seinen urchigen, kompakten Dörfern gilt als eines der besten Langlaufparadiese überhaupt. Benjamin Weger schätzt die Lage auf 1300 Höhenmeter, weil die Loipe nicht vollends im Wald liege. «Auf den Flächen kann ich so richtig ausziehen, ich fühle eine Weite, die ich sonst nirgends empfinde», sagt er, der schon über viele Loipen in fernen Ländern glitt. Seine Kondition perfektioniert er an den Aufstiegen. Seit der Eröffnung des Nordischen Zentrums kann der Biathlet im Nachbardorf Ulrichen auch das Schiessen trainieren.

«Auf der Loipe im Pischienwald bei Oberwald erspähe ich manchmal Fische im Rotten, wie die junge Rhone heisst. In dieser Ruhe im lichten Wald fühle ich mich geborgen. Einen Schluck klares Wasser trinken, was braucht es mehr?» Es braucht ziemlich viel mehr, um beim Biathlon, genauer, beim Langlaufen kombiniert mit einem Schiesswettbewerb, an der Weltspitze mitzuhalten. Benjamin Weger geht erstaunlich locker mit dem Druck um. «Im Biathlon immer vorne sein, ist wegen der Komplexität und Dichte ein Ding der Unmöglichkeit.» 

Walliser Chalet schneebedeckt, Stafel, Speicher, Reckingen, Wallis
Das Goms und seine authentischen Dörfer versprechen Erholung pur.

Grimsel und Gotthard grüssen

Mitunter spiegeln diese Mischung zwischen Ehrgeiz und bodenständiger Bescheidenheit  den Gommer Charakter: Das weichgeschwungene Tal lässt sich auf verschiedenste Arten bespielen – auch im Winter. Weger selber nutzt jeden der wenigen freien Tage, um auf eine Skitour zu gehen. Der Galenstock: «diese Aussicht!», das Grimselgebiet: «grandiose Landschaft», das Brudelhorn: «für Kenner». Er kann aber auch anders. Etwa Winterwandern von Dorf zu Dorf, das jedes im Stundentakt von der Matterhorn Gotthard Bahn bedient wird. «Die wenigen Wintertage daheim nutze ich für die Regeneration», sagt er.  Dann darf es auch einmal eine Cholera sein, diese gedeckte Kartoffel-Zwiebel-Käsequiche, die als Gommer Spezialität nicht nur im Winter Furore macht.

Seinen Sprints tat diese Leibspeise bis anhin keinen Abbruch: Er gibt alles bis «Lunge, Schenkel und Arme brennen». Er, der im Sommer zum Fliegenfischen an den Geschinersee geht, gerne in einem der sieben Seen im Grimselgebiet badet, er ist zum Idol von vielen jungen Gommer Läuferinnen und Läufer geworden. Und zu einem Symbol für das neue Goms. Sportlich, dynamisch mit viel Lebensfreude an den Genüssen und mit einer Prise Behaglichkeit, wie sie nur sonnenversengte Holzhäuser mit meterhohen Schneedecken auf dem Dach vermitteln können. 

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