Sabines Traumberuf

Im Kinderschneeland der Bettmeralp lernt ein Kleinkind mit Hilfe seines Lehrers das Skifahren.

Sabine Haldemann ist auf der Bettmeralp so bekannt wie das Maskottchen Snowli. Die Kinderskilehrerin hat schon Tausenden Kindern das Skifahren beigebracht.

Luca muss auf die Toilette, Emily will ihre Handschuhe ausziehen, Henry die Nase geputzt haben, Fynn ist die Skibrille verrutscht, Hannah liegt im Schnee und bringt ihre verdrehten Ski nicht auseinander, und Paul und Nina schlagen sich mit den Fäusten auf die Helme. Für Sabine Haldemann kein Grund für Stress. Mit kräftiger Stimme schmettert die Kinderskilehrerin «Mickey Mouse, Mickey Mouse», und fast alle der vierzig Kinder im Snowgarden auf der Bettmeralp stimmen mit einem «Yeah, yeah, yeeeeeahhhh» lauthals ein. Im autofreien Ferienort im Herzen der Aletsch Arena gibt es bestimmt keinen Wintergast, der Sabine nicht kennt. Denn Sabine ist zur Marke geworden und mittlerweile mindestens so bekannt wie Snowli, das plüschige, mannshohe Maskottchen der Skischule.

Gruppenfoto der Skilehrlinge im Kinderschneeländer auf der Bettmeralp mit dem Maskottchen

Seit zwölf Jahren steht die Emmentalerin von Anfang Dezember bis Ende April Tag für Tag im Kinderparadies unterhalb der Dorfstrasse und macht pro Saison 2000 Kids im Alter von drei bis sechs Jahren mit dem Skifahren vertraut. Und das laut motivierend, begeisternd und immer wieder singend. «Und der Snowli ging Ski fahren …», «Ich kenne einen Cowboy» oder «Das ist der Skischulboogie schubidua», Sabine singt bei jedem Wetter und jeder Temperatur. Damit begeistert sie nicht allein ihre Schützlinge. Dutzende Zuschauer versammeln sich jeweils auf der Dorfstrasse und schauen amüsiert dem Spektakel zu. Schnell wissen sie, dass mit «Pizza mache» Skispitzen zusammendrücken, also Bremsen gemeint ist. Und «Pommes frites» heisst Ski parallel stellen.

Während die Kids auf dem Zauberteppich, einem Förderband, die Minipiste hinauffahren, flitzt Sabine mit ihren Kurzski, sogenannten Snowblades, auf der perfekt präparierten Minipiste herum. Frederik bekommt von ihr eine Schaum­Gummischlange zwischen die Beine gedrückt. «So, und jetzt fahr mit deinem Rössli runter in den Stall», animiert sie den vierjährigen Jungen. Yves braucht über die kleine Brücke einen Schubs, und nach einem Zusammenstoss mit einem Tor müssen Mias Tränen getrocknet werden. «Das Abo fürs Fitnesstraining kann ich mir im Winter schenken», sagt die 42-Jährige ausser Atem. Fünf bis zehn Kilo verliere sie jeweils im Winter, der Unterricht im Snowgarden sei ein Knochenjob, erklärt Sabine Haldemann. «Dafür kann ich aber so viel Schoggi essen, wie ich will.»

Eigentlich wollte sich die ausgebildete Medizinische Praxisassistentin vor elf Jahren nur eine kurze Auszeit nehmen und heuerte als Hilfsskilehrerin an. Doch Sabines Engagement, ihre offene und soziale Art fielen schnell auf, und schwupps wurde ihr die Leitung des Ski-Kindergartens übertragen. Das Kinderparadies am Fuss der Kapelle ist seither ihre Welt. Egal, ob die Sonne scheint, ob es schneit oder eisig kalt ist, sie freue sich jeden Tag auf die Kinder: «Ich bin unendlich dankbar, dass ich meinen Traumberuf gefunden habe.» Mit einem weiteren lauten «Mickey Mouse, Mickey Mouse» sorgt sie wieder für Action in der Ski-Manege.

Text: Eva Maschek Fotos: Raphael Wernli

Publiziert: Januar 2019

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