

Man sucht Martin Engstroem nicht lange. Er hat Format: gross, mit hellwachen Augen und viel Ausstrahlung. Mit dem Zug ist er von seinem Wohnort am Lac Leman ins Wallis gereist, wie so oft. Gemeinsam geht die Fahrt weiter zum Flughafen Sion. «Ein wichtiger Ort für mich. Das Tor vom Wallis zur Welt. Hier hole ich oft unsere Künstler ab.» Jedes Jahr bringt Martin Engstroem die Stars und Talente der klassischen Musik nach Verbier. Dieses Jahr sind unter anderen Evgeny Kissin, Ann-Sophie von Otter oder auch Youssou N’Dour zu Gast.
Das Verbier Festival ist kein elitäres Kulturfestival. Es ermöglicht einem breiten Publikum den Zugang zu erstklassigen Konzerten. «Manchmal gehen wir in den Migros oder Coop und verteilen den Damen an der Kasse Gratiseintritte.» Die Hemmschwelle für den Besuch ein klassisches Konzert ist bei vielen nach wie vor sehr gross. Völlig grundlos, wie Martin Engstroem meint. «Der intime Rahmen des Festivals mitten in den Bergen auf 1490 Meter über Meer begeistert jeden.»
Martin Engstroem hat eine ausgezeichnete Nase für neue Talente. Für die Deutsche Grammophon hat er grosse Namen wie Anna Netrebko, Lang Lang oder Hilary Hahn ganz zu Beginn ihrer Weltkarrieren verpflichtet. «Diese Erfahrungen und Freundschaften sind das Kapital des Verbier Festivals.» Sie sind aber auch eine grosse Herausforderung. «Unsere Ansprüche sind sehr hoch – wir setzen alles daran, unser Publikum jedes Jahr aufs Neue zu überraschen.» Was auch sehr eindrücklich gelingt. Das Verbier Festival ist niemals Routine, sondern jedes Jahr ein neues musikalisches Abenteuer.
«Das Zusammenbringen von etablierten Musikern und jungen Talenten ist uns ein grosses Anliegen» Martin Engstroem gibt den Stars von morgen eine Bühne. Zum Beispiel mit dem Verbier Festival Orchestra, das die besten Nachwuchsmusiker vereint. Auch Martin Engstroems Talent zeigte sich schon sehr früh. Bereits als Teenager hat er im National Museum Konzerte für junge Musiker organisiert und grosse Namen wie Dietrich Fischer-Dieskau nach Stockholm gelotst. Es war der Beginn einer ganz grossen Karriere. Er betreute die bedeutendsten Musiker der Welt. Von Herbert Karajan bis Anne-Sophie Mutter.
Und wie wurde das Festival in Verbier aufgenommen? «Anfangs brauchte es etwas Überzeugungsarbeit, mit den Jahren haben wir uns aber sehr gut etabliert.» Das Festival dauert 17 Tage und ist für den Tourismus sehr attraktiv. «Die Hoteliers freuen sich, wenn sie im Juli volle Betten haben. Aber das ist noch lange nicht alles.» Das Festival bringt die internationale Presse nach Verbier – von der New York Times bis zu Euronews. Es gibt kein besseres Standortmarketing. «Die Übertragung unserer Konzerte durch unseren Streaming-Partner medici.tv werden von Millionen Zuschauern weltweit mitverfolgt». Da gibt es noch viel Potenzial für die optimale Vermarktung der Region.»
Die Verbundenheit des Festivals mit Verbier und dem Wallis ist Martin Engstroem enorm wichtig. Ohne den Rückhalt der Gemeinde und ihren Einwohnern läuft gar nichts. Verbier sorgt für den ganz speziellen Zauber «Die Magie der Landschaft und des Ortes überträgt sich auf die Musiker – das hört und spürt man sofort.» Ein Jet rast über die Startpiste in Sion. Martin Engstroem hält sich die Ohren zu. Und das ist gut so: sein feines Gehör wird dem Wallis noch viele musikalische Sternstunden bescheren. Die Liebesgeschichte zwischen ihm und Verbier ist noch lange nicht zu Ende geschrieben.
Publiziert: Frühling 2014