Vom Horu zum Himalaya.

Bruno Jelk, Bergretter im Wallis und Himalaya

Auf der Fahrt zum Gornergrat zeigt Bruno Jelk stolz ein Foto vom Matterhorn, das er bei sich zu Hause mit dem Handy aufgenommen hat «Schaut euch diese Wolkenformation an, ist sie nicht wunderschön?»

Seit bald fünfzig Jahren schaut der Zermatter Rettungschef und Grandseigneur der Bergrettung täglich aufs Matterhorn, das «Horu» – und verliebt sich immer wieder neu.

Immer rausgehen

Bruno Jelk wird von allen herzlich gegrüsst. Man kennt und schätzt ihn – nicht erst seit der SRF Doku über seinen Einsatz als Bergretter im Himalaya. Fühlt er sich als Held? Er winkt ab «Helden sind in den Bergen fehl am Platz. Ich tue einfach, was ich kann.» Es ist die Bescheidenheit eines Mannes, der niemandem etwas beweisen muss, weil er schon alles gesehen hat.

Die Arbeit als Bergretter ist sehr anspruchsvoll. Auch für die Psyche. Man birgt nicht nur Lebende. Wie geht er damit um? «Das kann man nicht lernen. Entweder man hat die Fähigkeit, das zu verarbeiten oder nicht. Wenn dir das zu nahe geht, ist die Arbeit nichts für dich. Da kannst du noch so gut sein.» Keine schlaflosen Nächte? «Ich habe einen Grundsatz, der mir hilft, gut zu schlafen: Immer rausgehen. Wir rücken aus, bei jedem Wetter. Selbst wenn wir dann einsehen müssen, dass eine Rettungsaktion nicht durchführbar ist, haben wir alles versucht. Und kommen wieder zurück, sobald es irgendwie geht.»

Zermatt, Sotchi und Nepal

Bruno Jelk ist ein gefragter Mann. An der Olympiade in Sotchi war er als Lawinenexperte im Einsatz. Werden neue Wintersportdestinationen wie Sotchi zur Konkurrenz für Zermatt? «Wir sind hier über 3100 Meter über Meer, inmitten von 29 Viertrausendern.» Bruno Jelks Blick schweift über das Panorama auf dem Gornergrat «Ich habe viel gesehen ¬– das hier gibt es kein zweites Mal.» Er weiss aber auch, dass es mit der einmaligen Aussicht nicht getan ist. «Die Bahn, die uns hierher gebracht hat, wurde vor über 100 Jahren gebaut. Diesen Pioniergeist dürfen wir nie verlieren, er hat die Schweiz und das Wallis zu dem gemacht, was es heute ist.» Pioniergeist hat auch Bruno Jelk, dessen Erfindungen für die Bergrettung unerlässlich sind. Wie etwa die «Jelk Bahre», oder das «Dreibein» mit dem er in tiefe Gletscherspalten steigt, um die Verunfallten zu bergen. Bruno Jelk hilft mit, wo immer er gebraucht wird. Mit Begeisterung erzählt er von seinem neuen Projekt im Himalaya. «Bei unserem letzten Einsatz mit der Air Zermatt in Nepal haben wir dort die Bergrettung aufgebaut. Nun wollen wir etwas für die Bevölkerung tun, die uns so herzlich empfangen hat.» Geplant ist die medizinische Versorgung von abgelegenen Dörfern mit dem Helikopter.

Gornergrat, Panorama mit Matterhorn, Zermatt, Wallis

Retter in Not

Aufgewachsen ist Bruno Jelk im Kanton Freiburg als Sohn von Alphirten. Von Vater Kanis hat er gelernt anzupacken und Verantwortung zu übernehmen. 1972 wird Jelk als Grenzwächter auf der Testa Grigia ob Zermatt stationiert. Der Beginn einer grossen Karriere. Jelk macht sich als Bergführer einen Namen. Seit 1980 ist er Chef des Rettungswesens in Zermatt. Ein Freiburger als Rettungschef im Wallis? «Es ist ganz einfach: man muss sich den Einheimischen anpassen. Und seine Arbeit gut machen. Dann wird man sehr schnell akzeptiert.» Bruno Jelk geniesst höchsten Respekt – bei allen.

Seine Leidenschaft hat Jelk seinen drei Kindern mitgegeben. «Alle haben das Skilehrerdiplom, das gehört in unserer Familie zur Grundausbildung.» Die Kinder haben die Talente des Vaters geerbt – und Mutter Madeleine ist immer für alle da: Thomas ist Ingenieur bei Depuy Synthes in Raron, Bernadette Krankenschwester und Fabienne Walliser Staatsanwältin. Das Wallis ist ja nicht nur ein Tourismuskanton sondern bietet jungen Leuten auch in der Industrie und im Dienstleistungssektor Berufschancen. Ihre Masterarbeit hat Fabienne über die strafrechtliche Beurteilung von Lawinenunfällen geschrieben. Ganz der Vater. Auf dem Weg hinunter zur Bergstation trifft Bruno Jelk auf ein Gruppe Ausflügler. Der Weg ist eisig, zwei Damen rutschen aus und klammern sich am Geländer fest. Bruno Jelk reicht ihnen galant die Hand. «Danke, Sie sind unser Rettung.» strahlen sie. Wie recht sie haben.

«Ich bin auf der Piste von Bruson aufgewachsen.»

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